Tafelklavier Fabritius 1808

Ein holländisches Tafelklavier im Stil des Empire...


Im Gegensatz zu Tafelklavieren englischer oder auch französischer Provenienz sind erhaltene Instrumente aus holländischer Arbeit in deutlich geringerer Erhaltungszahl überliefert. Umso mehr freuen wir uns, Ihnen hier ein Tafelklavier von Pieter Leonardus Fabritius aus dem Jahr 1808 vorstellen zu können.


Zum Leben von Fabritius ist derzeit nicht allzuviel bekannt: Robert Palmieri nennt als Lebensdaten 1769 bis 1828 (vgl. Robert Palmieri (Hg.): The Piano – An Enzyklopedia, 2. Auflage, New York 2003, Seite 227), Lieve Verbeeck listet in ihrer internetbasierten Klavierenzyklopädie (www.lieveverbeeck.eu) als Wirkungsstätte 's Gravenhage, La Haye.


Unser Instrument entstand im Jahr 1808 in Den Haag (französisch: La Haye), wie die mit Tinte auf einem ovalen Buchsbaumschild oberhalb der Klaviatur überlieferte Erbauersignatur belegt. Das zierliche Tafelklavier zeigt sich äußerlich im Stil des Empire: Der Korpus ist mit feinem Mahagoni furniert, die vier Beine quadratischen Querschnitts laufen nach unten spitz zu, die oberen Enden zieren Einlagen halbrunder Messingstäbe sowie Broncen mit floraler Motivik. Die vorderen, äußeren Korpusecken sind profiliert abgerundet, was Pascale Vandervellen als typisch für den holländischen Klavierbau von 1808 bis 1830 erachtet (vgl. Pascale Vandervellen: Le piano de style en Europe des origines à 1850 – Étude des éléments décoratifs et mécaniques, Liège 1994, Seite 55 bis 56).


Ein ähnlich, wenngleich ein wenig aufwendiger gestaltetes Schwesterninstrument von Fabritius befindet sich in Haags Gemeentemuseum. Dieses wird ebenfalls auf das Jahr 1808 datiert, besitzt aber neben der etwas reicheren Ausstattung mit zusätzlichen Broncen und Elfenbeinklaviatur den für die Erbauungszeit moderneren Klaviaturumfang von fünfeinhalb Oktaven. Unser Instrument dagegen begnügt sich mit dem für das Jahr 1808 vergleichsweise archaisch anmutenden Tonumfang von fünf Oktaven (FF bis f3) und Kniehebeln für Laute und Dämpfungsaufhebung statt der Pedale. Die Klaviaturbeläge sind aus Ebenholz (Untertasten) und Elfenbein auf Palisander (Obertasten). Die Stirnkanten der Tasten tragen Profile aus Ahornholz nach dem Vorbild englischer Tafelklaviere dieser Zeit. Im Gegensatz zum sich im noblen dunklen Mahagoni  präsentierenden Korpus ist der Klaviaturraum unter anderem mit Riegelahorn furniert und mit kleinen Einlegearbeiteten dekoriert. Der mit türkisgrüner Seide bespannte Klangboden überdeckt die akustische Anlage sowie die nach dem Vorbild der in Frankreich verbreiteten „second action“ gebaute Stoßmechanik mit original belederten Hammerköpfen fast vollständig. Als Besonderheit besitzt das Instrument – wie auch sein Schwesterninstrument – ein zweites kleines Klappnotenpult für die Benutzung durch eine weitere musizierende Person – ein schöner Beleg für die damalige Kammermusikpraxis am Instrument.