Hausorgel Russell 1791

Eine Hausorgel für die Familie des Schriftstellers...


Die Hausorgel entstammt der Überlieferung nach einer prominenten Vorbesitzerfamilie, nämlich der des englischen Schriftstellers Charles John Huffam Dickens (1812 bis 1870). Ein kleines Porzellanschild oberhalb der Klaviatur weist neben dem Erbauungsjahr 1791 ihren Erbauer aus: Hugh Russell. Er wurde um 1738 geboren und arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1825 als Orgelbauer und Organist in London. Das Orgelbauerhandwerk lernte er vermutlich bei George England, später soll er ein Schüler von Samuel Green gewesen sein. In den Jahren 1778 bis 1785 verband ihn eine Zusammenarbeit mit John England, aus dieser Periode stammen beispielsweise die Orgelneubauten in den Londoner Kirchen St Michael Queenhithe und St Mary Aldermary. An letztgenannter Kirche war Hugh Russell auch Organist. Wie der Vater waren auch seine Nachkommen musikalisch tätig: sein Sohn Timothy als Orgelbauer und Organist, sein Sohn William als Organist und Komponist.


Das Instrument besitzt folgende Disposition:


Stopped Diapason [8', Bass- und Diskantteilung zwischen h und c1, Nadelholz, gedeckt, ab fis1 mit durchbohrtem Deckel]

Open Diapason [8',  Diskant ab c1, Zinn-Bleilegierung mit hohem Bleianteil, offen]

Principal [4', Bass- und Diskantteilung zwischen h und c1, Zinn-Blei-Legierung, GG, C, Cis, D gedeckt, sonst offen]

Fifteenth [2', Zinn-Blei-Legierung, offen]


Der Klaviaturumfang beträgt GG, C bis e3. Die Klaviaturbeläge sind aus Elfenbein (Untertasten) und Ebenholz (Obertasten). Ein schmiedeeiserner Pedalhebel betätigt den Schöpferbalg, der einen Magazinbalg speist. Ein weiteres Pedal dient der Ausschaltung des 2'-Registers sowie des Diskants des 4'-Registers für schnelle Echoeffekte. Die mechanische Schleiflade aus Eichenholz zeigt eine weitgehend chromatische Pfeifenaustellung, nur wenige Töne Bassoktav sind mittels Wellenbrett auf die rechte Seite verlegt.


Das Gehäuse ist aus Mahagoni gefertigt. Die Klaviatur ist einschiebbar, die Spielnische mit einem Klappladen bei Nicht-Gebrauch verschließbar. Die vergoldeten Prospektpfeifen sind Attrappen aus Weichholz und nicht klingend. Dieses Konstruktionsmerkmal hat bei Kleinorgeln den Vorteil, dass die klanglichen und lautstärkemäßigen Unterschiede sowie etwaige Stimmungsprobleme zwischen Prospekt- und Innenpfeifen vermieden werden, andererseits findet es sich auch bei großen englischen Orgeln in Kirchen, wo dieser Vorteil nicht einschlägig ist.


Das Pfeifenwerk ist bis auf einzelne Pfeifen vollständig original erhalten. Auch scheint die ursprüngliche Intonation, die sehr kammermusikalisch ist, erhalten. Lediglich die Stimmringe der offenen Metallpfeifen wurden im 20. Jahrhundert erneuert bzw. die Pfeifenenden mit solchen versehen. 


Das Instrument befindet sich seit dem Jahr 2010 in unserer Sammlung und ist in spielbarem Zustand.